Arbeitstreffen zu Zukunftsthemen zwischen Wien und Budapest

Wien und Budapest besprachen Zukunftsthemen

11.11.2022

Nicht nur der Klimawandel, auch die aktuelle Energiekrise stellt Städte vor gänzlich neue Herausforderungen. Wien und Budapest planen vor diesem Hintergrund, ihre bisherige Zusammenarbeit zu stärken. Das Ziel: Probleme von heute wie morgen gemeinsam lösen. Nun fand in Wien ein erstes Kennenlernen zwischen dem Budapester Magistratsdirektor Tamás Számadó und seinem Wiener Amtskollegen Dietmar Griebler statt.

Die Bewältigung der akuten Krisen sowie dringlicher Zukunftsfragen fordert immer mehr ein gemeinsames Handeln der Städte in der EU. Ein Zeichen setzte dahingehend Budapest 2019 als Mitinitiator des Paktes der freien Städte, dem inklusive Wien inzwischen 33 Mitglieder angehören. Dieses Bündnis für Demokratie und Rechtsstaat setzt unter anderem auf gegenseitige Unterstützung bei kommunalpolitischen Themen wie Klima und Wohnen. Um Ideen für Kooperationen bei Energie, Klima oder auch Data Governance ging es nun beim ersten Treffen der Magistratsdirektoren aus Wien und Budapest.

Energiekrise als dringliches Thema

Aufgrund der Energiekrise könnte der kommende Winter zum Stresstest vieler Städte werden. Beim bilateralen Treffen der Magistratsdirektoren Tamás Számadó und Dietmar Griebler am 11. November im Wiener Rathaus war die Bewältigung der Krise daher eines der dringlichen Themen. Sowohl Wien als auch Budapest haben zuvor unterschiedliche Energiesparmaßnahmen getroffen. Budapest richtete im Oktober einen operativen Krisenstab zur Bewältigung der Energiekrise ein, kurz nachdem die Fernwärmekosten um das Zwölffache gestiegen waren. Unter anderem fällt die Weihnachtsbeleuchtung auf Straßen, die unter städtischer Verwaltung stehen, aus und auch Teile des Budapester Rathauses werden geschlossen. In Wien trat im November ebenfalls ein von Bürgermeister Michael Ludwig initiiertes Gremium zur Energiekrise zusammen, das künftig unter der Leitung von Stadtrat Peter Hanke monatlich tagen wird. Der Energiesparplan der österreichischen Hauptstadt setzt unter anderem auf Einsparungen bei der Straßenbeleuchtung und der Beheizung städtischer Gebäude. So wurde neben dem Ausbau der LED-Technik die nächtliche Straßenbeleuchtung optimiert. Ab 22 Uhr wird die Beleuchtung in verkehrsschwachen Bereichen auf 75 Prozent gesenkt, ab Mitternacht auf 50 Prozent. Durch Einspar-Contractings der Abteilung Bau- und Gebäudemanagament (MA 34) konnte Wien bis 2022 bei 42 seiner Objekte, darunter Amtshäuser, Kindergärten und Schulen, Wärmeeinsparungen von in Summe circa 193.000 Megawattstunden erzielen. Die dadurch geschaffene Kostenersparnis beträgt 14,7 Millionen Euro.

Zukunftsorientierte Klimamaßnahmen

Nicht erst die Energiekrise macht den Bedarf für Innovationen bei der Energieeffizienz in Städten deutlich. Um den Ausstieg aus fossiler Energie zu erreichen, hat sich Wien unter anderem 2018 dem von der Europäischen Kommission geförderten "Konvent der Bürgermeister für Klima und Energie" angeschlossen. Von 2022 bis 2026 nimmt die Wiener Stadtwerke-Gruppe 6,2 Milliarden Euro für klimaschonende Infrastruktur in die Hände, davon 400 Millionen Euro für erneuerbare Energien. Das große Zieldatum des Wiener Klimafahrtplans ist 2040. Bis dahin soll die Stadt Klimaneutralität erreichen.

Dass die Städte ein Schlüssel zur Bewältigung der Klimakrise sind, ist sich Thomas Madreiter, Planungsdirektor der Stadt Wien, sicher. Auch Madreiter traf Számadó, um im Gespräch einmal mehr zu bekräftigen, dass auch Wien eigene Lösungen gegen die Erwärmung finden müsse. Dabei dürften aber die Bedürfnisse der Wiener*innen nicht aus den Augen geraten: " Wir müssen Lösungen mit den Menschen und für die Menschen finden." Budapest will nun von Best-Practice-Beispielen aus Wien lernen.

Zu den zentralen Punkten der Wiener Energiestrategie zählt die Photovoltaik – allein bis 2030 soll die Gesamtleistung der Solaranlagen in Wien von 50 auf 800 Watt Peak steigen. Schon im Mai gab es daher einen intensiven Austausch zur Solarenergie zwischen Expert*innen aus Budapest und Wien während eines bilateralen Online-Meetings. Inzwischen konnte die ungarische Hauptstadt ein virtuelles Solarpotenzialkataster fertigstellen. Die virtuelle Karte zeigt, wie viele Solarmodule theoretisch auf einem Dach Platz hätten, ähnlich wie das vergleichbare Solarkartenangebot der Stadt Wien. Heikel dürfte der Solarausbau in Budapest vor allem in Hinblick auf Denkmalschutz der Gebäude werden.

Unweigerlich wird auch der Umbau des Verkehrs von zentraler Bedeutung sein. Bereits jetzt fahren 80 Prozent der Wiener Linien emissionslos und erst im November wurde in neue E-Busse investiert. Aber Wien sucht auch nach neuartigen Klimaprojekten. So könnte Regenwasser zukünftig gegen die Hitzeinseln der Stadt genutzt werden. Schon im Mai holten sich Klimaexpert*innen aus Budapest in Wien Informationen zum Regenwassermanagement ein, mit dem hierorts die Klimatisierung der Straßen erprobt wurde.

Data Governance

Neben den akuten Energiethemen befand sich auch Data Governance am Tagesprogramm, wofür ein Gespräch der Magistratsdirektoren mit Klemens Himpele, Chief Information Officer der Stadt Wien, anstand. Denn für zukünftige Innovationen wird die effiziente Nutzung der sprunghaft gestiegenen Datenmengen unabdingbar. So stellt Wien als Teil einer Data-Excellence-Strategie gesammelte Daten mit dem Ziel einer offenen Verwaltung zur Verfügung. Data Governance, also die Organisation der Datenstrategie, stellt dabei sicher, relevante Daten rasch an Anspruchsgruppen weiterleiten zu können. Profitieren sollen dadurch die Wiener*innen genauso wie Wirtschaft und Wissenschaft.

Interesse am innovativen Sonnwendviertel

Ein weiterer wichtiger Programmpunkt war der Besuch des Sonnwendviertels im 10. Wiener Gemeindebezirk. Der neu errichtete Stadtteil südlich des Wiener Hauptbahnhofs umfasst rund 5.500 Wohnungen für etwa 13.000 Bewohner*innen, 20.000 Arbeitsplätze, einen Schulcampus, Bürobauten und zahlreiche Geschäfte sowie eine etwa sieben Hektar große Parkanlage. Durch den Stadtteil geführt hat Architekt Christian Ambos, der selbst das Pionierprojekt "Stadtelefant" plante – ein mit langlebigen Materialien gestaltetes Quartiershaus, das Wohnen, Arbeiten und Gastronomie vereint. Das Sonnwendviertel war von Beginn an nicht als reines Wohngebiet gedacht. Im östlichen Teil des Viertels fördert die Stadt Projekte zur nachhaltigen Mobilität. 2020 waren es unter anderem Lastenräder, Trolley Boys und Sharing-Modelle.

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