Urbaner Klimaschutz beginnt im Grätzl beziehungsweise im Kiez. Die Metropolen Wien und Berlin setzen daher gezielt in solchen Stadtquartieren auf Maßnahmen – von Schwammstadtlösungen bis zur partizipativen Stadtentwicklung. Noch im Mai bekamen Berliner Expert*innen Einblick in Klimalösungen der österreichischen Hauptstadt. Von 15. bis 19. Juli nahmen wiederum Wiener Kolleg*innen an einem mehrtägigen Fachprogramm der Berliner Stadtverwaltung teil.
Die rege Zusammenarbeit der beiden Hauptstädte ist Teil eines Pilotprojekts der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen gemeinsam mit dem Bezirk Pankow, finanziert über den City-to-City Exchange der European Urban Initiative (EUI). Ziel ist der gegenseitige Lernprozess für nachhaltige, lebenswerte und resiliente Stadtquartiere.
In Berlin-Wedding ist "Kool im Kiez", organisiert vom Quartiersmanagement Pankstraße, eines der Vorzeigeprojekte für greifbare, partizipative Klimaanpassungen. Besonders bemerkenswert für die Wiener Delegation war das Grüne Klassenzimmer der Herbert-Hoover-Schule – ein schattiger Lernort, der im Zeichen der Hitzeprävention steht. Darüber hinaus beinhaltet "Kool im Kiez" Lösungen wie die Regenwassertonnen, die das Quartier zur Bewässerung nutzt, die Begrünung von Baumscheiben durch die Bewohner*innen sowie eine Sitzbank mit integriertem Regenwasserspeicher.
Ein weiterer Programmhöhepunkt war der Rathausblock am Mehringdamm, auch als Dragonerareal bekannt. Das Gelände hinter dem Rathaus Kreuzberg gilt nämlich als eines der wichtigsten Modellprojekte gemeinwohlorientierter Stadtentwicklung in Berlin. Als gemischtes Quartier soll es bezahlbares Wohnen mit sozialen Einrichtungen, Gewerbeflächen und viel Grün verbinden. Entwickelt wird es in enger Kooperation zwischen Senat, Bezirk, Zivilgesellschaft und lokalen Initiativen.
Die Kiezgalerie beinhaltet zurzeit Materialien zur Geschichte und Zukunft des Areals. Zentrale Konzepte sind hier etwa die integrierte Grün- und Freiraumplanung, Regenwassermanagement nach dem Schwammstadtprinzip, die Biodiversitätsförderung und quartiersbezogene Energieversorgung, wie Vertreter*innen der S.T.E.R.N. GmbH erklärten.
Am nächsten Tag begrüßte der Pankower Bezirksstadtrat die Wiener*innen zum Fachbesuch im Berliner Stadtteil, wo es um die stadtplanerischen Herausforderungen ging. Im Städtebaufördergebiet Langhansstraße wurde beispielsweise der Berliner Biotopflächenfaktor (BFF) thematisiert. Dabei handelt es sich um ein Planungsinstrument zur Sicherung ökologisch wirksamer, begrünter Flächen – trotz Verdichtung. Versiegelte Flächen zählen dabei weniger, begrünte mit Bodenanschluss vollständig. Neben einem Rundgang durch neu gestaltete Jugendorte im Quartier präsentierten die Pankower Klimaschutzbeauftragten bezirkliche Strategien und Praxisbeispiele, etwa eine Grundwasserreinigungsanlage im Thälmannpark und einen entsiegelten Spielplatz an der Thomas-Mann-Straße.
Auch Friedhöfe sollen klimaaktive Orte werden. Das zeigt ein Projekt der Berliner Regenwasseragentur auf dem Georgen-Parochial-Friedhof II. Schon seit 2021 untersucht der Evangelische Friedhofsverband Berlin Stadtmitte (EVFBS) zusammen mit dem Bezirk und mit einer Förderung durch das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK) entsprechende Lösungen. Neben Drainagemulden zur Oberflächenwassersammlung gibt es nun eine grundstücksübergreifende Lösung: Regenwasser eines benachbarten Bürogebäudes sammelt sich für die Friedhofsbewässerung in einer 200 Kubikmeter großen, wettergesteuerten Retentionszisterne.
Die Delegation besuchte zudem das frisch sanierte Hochhaus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen – inklusive einer öffentlich zugänglichen Dachterrasse mit begrünter Fläche und Photovoltaikanlage. Auch die Hintergründe zur Berliner Klimagovernance standen am Programm, wie das Energie- und Klimaschutzkonzept oder das neue Klimaanpassungsgesetz. Weitere Stationen führten die Delegation nach Neukölln – auch hier gibt es zurzeit Projekte zur Entsiegelung und Regenwassernutzung.
Wien-Berlin: Intensiver Dialog zur Klimafolgenanpassung
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen – Land Berlin
Kool im Kiez – Quartiersmanagement Pankstraße
Rathausblock, Dragonerareal – Land Berlin
Berliner Regenwasseragentur
Regen-Module – Land Berlin
City-to-City Exchanges EUI