Wie entsteht Raum für Kultur? Am 8. Oktober reiste eine Wiener Fachdelegation nach Berlin, um sich mit zuständigen Expert*innen vor Ort auszutauschen. Die Delegation bestand aus Vertreterinnen der Abteilung für Stadtentwicklung und Stadtplanung (MA 18), der Abteilung für Stadtteilplanung und Flächenwidmung (MA 21) sowie der Kultur Raum Wien GmbH.
Der Auftakt führte die Wiener Delegation zur Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt (SenKultGZ). Im Mittelpunkt stand der Austausch über Strukturen und Instrumente, mit denen Städte dezentrale, niederschwellige Räume für Kulturproduktion und -konsumation fördern können. Auch die Finanzierung kultureller Räume bei knapper werdenden Budgets wurde intensiv diskutiert.
Berlin verfügt über keinen eigenen Stadtentwicklungsplan für Kultur. Stattdessen gibt es das Kulturkataster, das von der Kulturraum Berlin gGmbH entwickelt wurde. Es erfasst kulturelle Räume in rund 50 Kategorien, darunter auch Orte wie Clubs oder Bibliotheken. Die anschließende Diskussion drehte sich somit um die Definition von Kultur und die Grenzen zwischen kultureller und wirtschaftlicher Nutzung. Bibliotheken wurden etwa als "dritte Orte" ohne Konsumzwang hervorgehoben – Orte der Begegnung und Teilhabe mit sozialem Mehrwert. Außerdem wurde deutlich, dass es in Berlin zahlreiche Ansprechpartner*innen für kulturelle Raumfragen gibt. Ein zentrales Ziel sei daher, Strukturen und Zuständigkeiten künftig stärker zu bündeln.
Ein weiterer Schwerpunkt war der Umgang mit Leerstand und die Vergabe gemeinwohlorientierter Räume. Berlin berichtete von aktuellen Herausforderungen und Projekten wie Vision 2030+, wo es um die künftige Nachnutzung des Flughafen Tempelhof geht. Auch die Wiener Delegation brachte ihre Erfahrungen ein.
Die Reise führte weiter zum Büro für Kunst im öffentlichen Raum (KiÖR). In der DDR war Kunst am Bau fester Bestandteil öffentlicher Bauvorhaben und durch klare Richtlinien verankert. In West-Berlin spielten diese Überlegungen hingegen lange eine untergeordnete Rolle. Erst Proteste der Künstler*innenschaft in den 1970er-Jahren führten zur Einrichtung einer professionellen Stelle, die die Vergabe strukturierte.
In Berlin ist Kunst am Bau bis heute nicht verbindlich im städtebaulichen Vertrag festgeschrieben, weshalb viele Investor*innen deren Bedeutung unterschätzen. Das KiÖR wirkt hier als Interessenvertretung, organisiert Wettbewerbsverfahren und trägt so zu Transparenz und Vielfalt in der Vergabe bei. Einigkeit bestand darin, dass Kunst im Stadtraum wesentlich zur Identität, Aufenthaltsqualität und Lebendigkeit urbaner Räume beiträgt. Die vielfältigen Einblicke boten wertvolle Impulse für die Weiterentwicklung der Stadtteilkultur und für künftige Kooperationen zwischen Wien und Berlin.
Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt – Stadt Berlin
Kulturkataster – Kulturraum Berlin
Büro für Kunst im öffentlichen Raum – Kulturwerk des bbk berlin
Kulturelle Infrastruktur und neue Räume – Stadt Wien
Kultur Raum Wien